Warum das Musizieren so wichtig ist! Was passiert dabei? Warum sollte man das gemeinsame Musizieren auch für den Klassenverband anstreben?
Dazu schreibt Prof. Bastian:
“Ein Instrument zu spielen ist eine der komplexesten menschlichen Tätigkeiten. Schon bei einfachsten Stücken werden Fähigkeiten des Intellekts (Begreifen), der Grob- und Feinmotorik (Greifen), der Emotion (Ergreifen) und der Sinne beansprucht. Die präzise Koordination der Hände und Finger auf Saiten oder Tasten verlangt eine ausgeprägte Feinmotorik und räumliches Vorstellungsvermögen. Vom Blatt-Spielen erfordert die schnelle und gleichzeitige Verarbeitung von Informationen in extremer Fülle und Dichte (Noten, Takt, Tempo, Lautstärke, Agogik, usw.). Abstraktes und komplexes Denken sind beansprucht, auch im Voraus- und Nachhören der Musik zum gerade gespielten Takt. Dies wiederum bedeutet eine Aktivität unter den extremsten Bedingungen der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Bei keinem anderen Fach, bei keiner anderen Tätigkeit muss ein Kind so viele Entscheidungen gleichzeitig treffen und diese kontinuierlich über solche Zeitstrecken hinweg abarbeiten. Diese Kombination von konstanter, kontinuierlicher Achtsamkeit und Vorausplanung bei ständig sich verändernder geistiger, psychischer und physischer Beanspruchung konstituiert eine erzieherische Erfahrung von einzigartigem und daher unverzichtbarem Wert. Und dass man im Ensemble miteinander musiziert, voneinander lernt und füreinander Verantwortung übernimmt, bedarf keiner Hervorhebung.”
Dieses Zitat stammt aus einer Presseerklärung zur Berliner Studie, in der die Auswirkungen von verstärktem Musikunterricht untersucht worden sind. (Homepage der Universität Frankfurt/Main).
Die Studie hat auch eine kritische Diskussion hervorgerufen. Dazu ist 2001ein Heft der Zeitschrift “Diskussion Musikpädagogik” im Lugert Verlag erschienen.
Fragen wir also den französischen Reformpädagogen Paul LeBohec:
„Ich habe wirklich erfahren, was ein Orchester ist: die Organisation der Teile, das Gleichgewicht der Klänge, die Berücksichtigung des Tempos, der Platz eines jeden, die Verantwortung gegenüber dem Ganzen, die Notwendigkeit zu üben, sich zu vervollständigen, um nicht der Gruppe zu schaden, aber auch die Freude, zu einer Familie zu gehören, dort einen Platz zu haben, aufzugehen in dem Wunsch mit der größtmöglichen Aufmerksamkeit der Absicht des Chorleiters zu folgen… Aber auch das Vergnügen, im Innern den Geist einer Epoche wiederzuerleben, sich eingeführt zu fühlen in diese Zeit. … Und welche Freude, zu diesem Orchester von 15 Personen zu gehören, das ganz augenscheinlich dem Publikum eine wirkliche Freude bereitet hatte.“
Das waren Pauls Eindrücke nach einer unserer Fortbildungen. Dabei ist es unser Konzept, mit Schülerinnen und Schülern zu musizieren, die keinerlei Vorkenntnisse haben. Das umfassende Konzept haben wir in unserem Buch “Die Klassenmusiker” veröffentlicht.