Grundschule

Unterrichtsmaterialien für die Grundschule

Für die Grundschule gedacht, aber auch für die unteren Klassen der Sekundarstufe I, sind

Unser Konzept “Die Klassenmusiker” ist eigentlich für die Sekundarstufe I. Allerdings beginnen wir da mit dem Musizieren direkt in der 5. Klasse. Als Nicht-Grundschullehrer stelle ich mir vor, dass das in der 4. Klasse unter guten Umständen ja eigentlich noch besser klappen müsste, denn es fallen ja die Probleme weg, die sich durch den Schulwechsel und den neuen Klassenverband immer erst einmal ergeben.

Es würde mich sehr interessieren, ob es Erfahrungen mit unserem Konzept oder mit dem Klassenmusizieren überhaupt  in der Grundschule gibt. Vielleicht müsste man ja nur Keyboards mit kleinerer Tastatur oder ein kleineres Schlagzeug anschaffen. Jedenfalls wäre es für das Klassen – Musizieren in den weiterführenden Schulen sehr hilfreich, wenn bei den Schüler/innen aus den Grundschulen schon entsprechende Erfahrungen vorliegen. Die Anfänge des Schulversuches haben z.B. auch von der “Vorarbeit” einer diesbezüglich sehr engagierten Grundschule gelebt.

Wenn es solche Erfahrungen gibt, lassen Sie es mich bitte per E-Mail wissen.

Von Raketen und Kindergarten-Schlagzeugbands

– die Ideen der Kinder ernst nehmen und gemeinsam etwas daraus machen

(Dieser Artikel von Roswitha Henneberg entstammt der Zeitschrift “Theorie und Praxis der Sozialpädagogik (TPS), Heft 2/01. Die Wiedergabe auf dieser Seite – für die Genehmigung bedanke ich mich herzlich beim Verlag – erfolgt aus mehreren Gründen:

  • Mich hat das Ringen von Roswitha Henneberg darum, den Kindern die Verwirklichung ihrer Interessen zu ermöglichen, sehr beeidruckt.
  • Der fünfjährige Jeronimo gibt in diesem Artikel all jenen eine Antwort, die meinen, das Musizieren mit Kindern scheitere an Geldmangel.
  • Der Artikel leistet einen Beitrag zu der Frage, in welchem Alter das Musizieren mit Kindern eigentlich möglich ist.
  • Es ist der sehnlichste Wunsch von Jeronimo, berühmt zu werden: Ich möchte ihm dabei helfen!)

Geronimo, fünf Jahre alt, äußerte in der Kinderkonferenz einen ganz persönlichen Wunsch: „Ich will Musiker werden und ich brauche dazu noch andere Musiker. Wir müssen ein Plakat schreiben und welche suchen.“ Ein Plakat wurde von Geronimo sofort geschrieben. Ich sollte ihm die Buchstaben seines Textes vorschreiben: Ich suche Musiker, wer ein Instrument spielen will, meldet sich bei Geronimo. Musiker waren danach schnell gefunden. Schon im ersten gemeinsamen Treffen fanden sie heraus, welche Instrumente gespielt werden sollten: Zwei E-Gitarren, ein Schlagzeug und ein Keyboard. Bis hierhin hatte ich noch geglaubt, dass wir eine Kinderband mit selbstgebastelten Instrumenten gründen würden.

Nun haben mich die Kinder genauer über ihre Pläne informiert, ich habe wahrgenommen, um was es ihnen wirklich ging, und ich wusste nicht, wie das in einer normalen Kindertagesstätte realisiert werden sollte. Es würde bedeuten: elektrisch verstärkte Musikinstrumente in einer Einrichtung ohne Ausweichräume, also mitten im Gruppenraum und zusätzlich zu allen anderen Aktivitäten.

Wir brauchen Geld

Zuerst tröstete ich mich damit, dass wir kein Geld hatten, um Instrumente zu kaufen. Und gleichzeitig verspürte ich Freude und Neugier, auf das, was kommen würde, als Geronimo eine Lösung für unsere finanziellen Probleme hatte: „Wir können doch einen Flohmarkt machen und viele Sachen verkaufen. Dann haben wir auch viel Geld für unsere Band.“ Die anderen Kinder waren begeistert. In einem Gespräch mit meinen Kolleginnen glaubten wir zu diesem Zeitpunkt zu wissen, dass die Kinder “natürlich”  niemals ausreichend Geld für Musikinstrumente verdienen würden.Wir folgten unserem Bedürfnis, den Ausgang des Projektes schon jetzt vorherzusagen. Wir befürchteten einfach, dass die Instrumente doch selbst gebaut werden müssten. und der Wunsch nach einer richtigen Band dann im Sand verlaufen könnte. Wir machten uns deshalb schon jetzt Gedanken, wie wir den Kindern über eine Enttäuschung hinweghelfen könnten. Trotzdem einigten wir uns darauf, ihnen den Flohmarktverkauf zu ermöglichen und ihre Pläne dadurch zu unterstützen. Wir boten ihnen einen Stand auf unserem Herbstmarkt an. Die Sammlung der Flohmarktartikel, die Preisfindung und die Durchführung sollte allerdings von den Kindern selbst organisiert werden. Und wieder schrieb Geronimo mit meiner Hilfe ein Plakat: Kinder und Eltern, die ihre Sachen nicht mehr brauchen, geben sie bei uns ab. Wir verkaufen sie auf dem Flohmarkt.

Es begann eine spannende Zeit des Sammelns und Auspreisens. Nur mit äußerster Disziplin schaffie ich es mich zurückzuhalten, wenn zum Beispiel ein wertloser Gegenstand DM 100,- kosten sollte. Ich schrieb für alle Flohmarktbesucher ein Infoplakat und forderte sie darin auf mit den Verkäufern selbst in den Dialog zu treten. Ich selbst hielt mich im Hintergrund, war aber für Hilfestellungen und klärende Gespräche jederzeit ansprechbar, für Kinder und Erwachsene. Und dann erlebten wir eine Überraschung: Unsere Kinder verdienten unter riesigem Arbeitsauf\vand an diesem Nachmittag mit ihrem selbstorganisierten Verkauf von „Dingen, die keiner mehr braucht“ tatsächlich 400 Mark!

Wir Erzieherinnen waren sprachlos. Wieder einmal hatten wir uns zu voreilig Gedanken gemacht, wie wir die Kinder vor einer Enttäuschung bewahren könnten. Nun mussten wir unsere Gedanken der Realität anpassen. Wir waren mittendrin im Prozess und wollten ab jetzt die Kinder auf ihrem Weg, eine Band zu gründen, begleiten. Erfolge und Schwierigkeiten waren von nun an gleichermaßen Sache von Erwachsenen und Kindern. Mit dem selbst verdienten Geld stand dem Gang ins Musikgeschäft nichts mehr im Wege. Dort erstanden wir eine E-Gitarre und ein Schlagzeug. Eine weitere E-Gitarre wurde uns, für wenig Geld, von einem Bekannten überlassen, ein altes Keyboard bekamen wir von einer Mutter geschenkt. Verstärker und Mikrofone hatten wir im Kindergarten. Die Band war perfekt und es konnte endlich geprobt werden. Mit festen Probezeiten und der Absprache wann es für andere zu laut ist, wurde eine Regelung geschaffen, die es den Musikern und den anderen Kindern der Gruppe ermöglichte in einem Gruppenraum zu arbeiten.

Lärm oder Musik?

Wo Außenstehende bloß „Lärm“ wahrnahmen, war es für die Kinder vom ersten Tag an richtige Musik. Bald stand ich als Prozessbegleiterin allerdings den ersten Eltern und Kolleginnen gegenüber, die für einen Lehrer und Musikunterricht für die Kinder plädierten, natürlich aus Angst, die Kinder würden Musik hier „falsch lernen“. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt selbst nicht viel Ahnung von Musikpädagogik und spürte immer wieder auch eigene Zweifel, ob unser Weg der „richtige“ sei.

Gib den Kindern das Wort, vertraue auf ihre Ideen, gib ihnen Zeit und Raum um auszuprobieren. Anerkenne ihre Leistungen, lasse sie eigene Wege gehen, schaffe einen entwicklungs-förderlichen Rahmen. Biete ihnen deine Arbeitskraft an, aber halte dich zurück. Alles Inhalte, denen ich eigenen Überlegungen und Erfahrungen sowie aus der Auseinandersetzung mit der Freinet-Pädagogik heraus vertraute. Nur, jetzt im Alltag, musste ich mein Handeln vor Eltern, Kolleginnen und der Fachberatung auch begründen können. Vor allen Dingen musste ich wieder von Neuem lernen, den Kindern vertrauen. Sie hatten mit ihrer Idee für mich einen entwicklungsförderlichen Rahmen geschaffen, um meine pädagogischen Ideen und Gedanken zu überprüfen und mein Verhalten zu reflektieren. Sie hatten, jedenfalls zunächst nicht, das Ziel, notenfeste und technisch versierte Musiker zu werden. Spaß und ein Sich-Einlassen auf tastende Versuche, darum ging es ihnen erst einmal. Die Kinder haben sich ein Thema ausgewählt: eine musikalische Entdeckungsreise, und wir ermöglichten ihnen, sich damit auf ihre eigene Art auseinander zu setzen. Unsere Kinder wussten sehr wohl, worauf es ihnen dabei ankam. Zum Glück wurde ich trotz der unüberhörbaren „Lärmbelästigung“ von meinen Kolleginnen unterstützt.

Eigene Noten als Ordnungssystem

Oft wurde lautstark über die Musik gestritten und es kam auch zu körperlichen Auseinandersetzungen. Es krachte in allen Ecken und ich stellte mir zwei Fragen: Erstens, wie kann ich den Kindern helfen, ihren Weg zu finden, und zweitens, will ich das überhaupt? Nach langem Überlegen entschied ich mich, für die Kinder einen Termin bei einer echten Rockband in einem richtigen Übungsraum zu vereinbaren. Dort hatten sie die Möglichkeit, eine Bandprobe mitzuerleben. An den drei darauf folgenden Tagen machten die Kinder dann allerdings überhaupt keine Musik mehr. Ich stellte meine Entscheidung deshalb in Frage, verhielt mich aber trotzdem abwartend und beobachtend. Erst fünf Tage nach dem Besuch bei der „richtigen“ Band kam der Durchbruch. Geronimo begann Noten zu schreiben, wie er es bei den erwachsenen Musikern gesehen hatte, und sie seinen Musikern vorzulegen. Streitereien über falsch gespielte Lieder oder Instrumente waren damit vom Tisch. Die Musiker ordneten sich mehr oder weniger fest einem Instrument ihrer Wahl zu. Es wurden Texte verfasst, und es gab dadurch die Möglichkeit, die einzelnen Songs zu unterscheiden. Weder konnte Geronimo richtige Noten schreiben, noch konnten seine Musiker diese abspielen, aber in der Wirklichkeit der Kinder waren die Noten da und wurden auch ernsthaft gespielt. Die Kinder hatten sich dadurch ein selbst entdecktes Ordnungssystem geschaffen, das es ihnen ermöglichte, weitaus stressfreier miteinander zu arbeiten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wuchs und sie nahmen sich immer mehr als „Band“ wahr.

Cat Family

Das war auch der Zeitpunkt wo sie sich einen Namen gaben: Cat Family, „weil es der coolste Name für coole Kids ist”. Nun musste auch die Werbung darauf ausgerichtet werden. Geronimo entwickelte eine Idee für die Herstellung von Eintrittskarten und fand, dass diese Arbeit sehr zeitsparend mit dem Computer zu erledigen wäre. Der selbstverständliche Umgang mit Technik und Schrift hielt so Einzug in unsere Arbeit. Durch den Computer mussten wir uns jetzt auch mit Computerspielen auseinandersetzen. Computerspiele für kleinere Kinder werden mit Mausklick auf eindeutige Handzeichen beendet. Das machte sich Geronimo zu nutze: Seine Musiker lernten, dass sie auf sein Zeichen Daumen nach unten ein Lied zu beenden hatten. Wieder wurde von den Kindern selbst eine Regel geschaffen, um ihr Zusammenspiel zu erleichtern.

Neben der Musik gab es bald noch andere Aufgabengebiete die von wirklichem Interesse waren: Ständige Probleme mit den Gitarrenkabeln machten es notwendig, dass wir – Kinder und Erwachsene – löten lernten. Des weiteren mussten wir uns immer wieder mit der Technik auseinander setzen, um unsere Musikanlage und die Instrumente in bespielbarem Zustand zu halten. Arbeitend und experimentierend entwickelte sich die Band weiter. Neue Lieder wurden komponiert, Texte verfasst und Noten geschrieben. Auftritte wurden geplant und durchgeführt: bei Festen, Geburtstagen, wenn Besucher in der Einrichtung waren oder einfach nur aus Spaß. Es entstand der Wunsch nach noch besseren und schöneren Eintrittskarten und schließlich nach einem eigenen Bandvideo. Saskia, damals vier Jahre alt, übernahm am Computer die Arbeit an den Eintrittskarten und wurde fortan „Super-Saskia“ genannt. Auch die Idee mit dem Band-Video konnte realisiert werden. Bisher hatten wir Erwachsene, aus eigenem Interesse, die Entwicklung des Prozesses gefilmt. Von jetzt an bestimmten die Kinder, was gefilmt werden sollte. Sie entwarfen auch einen Einband für die Videokassette und beschlossen diese am Sommerfest zu verkaufen: „Richtige Bands haben auch Videos, damit sie berühmt werden.”

Wir stellten ihnen unsere Arbeitskraft und unser Know-how zur Verfügung und vervielfältigten die Videokassette. Voller Stolz konnten die Kinder jetzt ihre wichtige Arbeit präsentieren.

Was ich über die Kompetenzen von Kindern gelernt habe

  • Die Kinder besaßen die ganze Zeit über das unerschütterliche Verlangen, ein Stück ihres Lebensweges mit ihren eigenen Maßstäben zu gestalten.
  • Cat Family übte sich weniger im Spielen von exakten Melodien und Takten, vielmehr in hervorragenden schauspielerischen Leistungen, im genauen Beobachten und Kopieren von Vorbildern, in der Auseinandersetzung mit Technik, Sprache und Schrift.
  • Sie übten sich im Definieren, Vertreten und Durchsetzen ihrer Anliegen, im Aushalten von Spannungen. Sie entwickelten Durchhaltevermögen und organisierten ihr soziales Zusammenleben.
  • Sie hatten unbändigen Spaß am Zusammenspiel, Lust dazuzulernen und waren stolz, etwas gemeinsam geleistet zu haben.
  • Geronimo entwickelte Leitungsfähigkeiten. Als Band-Boss war er in der ganzen Zeit voll anerkannt, vergaß aber nie, wie wichtig seine Musiker für ihn waren. Er verstand, sie in seine Idee zu integrieren, sie zu motivieren und zu unterstützen. Erst auf diese Weise wurde es überhaupt möglich, eigene Lieder zu erfinden, zu arrangieren und als Band gemeinsam zu spielen.
  • Die Kinder haben ihre jeweilige Rolle mit großem Ernst ausgefüllt. Es gab den Bandboss, Sänger und Gitarristen Geronimo, den Ersatzboss, Keyboarder und Sänger Edin, den Schlagzeuger Robin, den Kartenverkäufer Nico, die „Super-Saskia“ am Computer, die Tänzerinnen und viele Ersatzmusiker. Sie alle stellten sich der Aufgabe, der Idee eines Einzelnen zuzuhören, sich dann gemeinsam zu organisieren und zusammen ein Ziel zu verfolgen.

Keiner von uns Erwachsenen wusste, wohin uns dieser Weg führen würde. Erst das gemeinsame Tasten, Versuchen, Experimentieren und Entdecken mit den Kindern ließ die Sicherheit in uns wachsen, die wir als Begleiterinnen solch offener Prozesse brauchen. Für dieses Lernen bedanke ich mich bei den Musikern von Cat Family genauso wie bei den anderen Kindern und Erwachsenen unseres Hauses, die die Entstehung der Band mitgetragen haben.


Ich habe in “Fragen und Versuche, Heft 98/01, S. 3-6) für Jeronimo eine Antwort geschrieben:

Den Kindern das Musizieren geben:
Klassenmusiker !

Von Gerd Haehnel
Für Geronimo, der mit 5 Jahren seine erste Band gründete

Selten hat mich ein Artikel so beeindruckt  wie der obige von Roswitha Henneberg  „Von Raketen und Kindergarten-Schlagzeugbands – die Ideen der Kinder ernst nehmen und gemeinsam etwas daraus machen“ – vielen Dank dafür!

Worum geht es in dem Artikel? In einer Kindertagesstätte beschließen Geronimo, fünf (!) Jahre alt, und drei andere Kinder, Musiker zu werden. Die Instrumente stehen schnell fest: zwei E-Gitarren, ein Schlagzeug, ein Keyboard. Dieser Wunsch ist so stark, dass den Kindern das kaum Vorstellbare gelingt: Aus dem Erlös eines von den Kindern selbst organisierten Flohmarktverkaufs kann die Grundausstattung für eine Band angeschafft werden kann; weitere Instrumente werden gespendet. Nun beginnen die Kinder, unterstützt von den Erzieherinnen, mit ihren Proben. Roswitha Henneberg berichtet: „Oft wurde lautstark über die Musik gestritten und es kam auch zu körperlichen Auseinandersetzungen. Es krachte in allen Ecken … Nach langem Überlegen entschied ich mich, für die Kinder einen Termin bei einer echten Rockband in einem richtigen Übungsraum zu vereinbaren. Dort hatten sie die Möglichkeit, eine Bandprobe mitzuerleben. An den darauf folgenden Tagen machten die Kinder dann allerdings überhaupt keine Musik mehr. … Erst fünf Tage nach dem Besuch bei der ‚richtigen’ Band kam der Durchbruch. Geronimo begann Noten zu schreiben, wie er es bei den erwachsenen Musikern gesehen hatte…“ (S. 25)

Es ist faszinierend, zu welcher Fülle an wichtigen Prozessen und Aktivitäten es im weiteren Verlauf des Projektes kommt, vor allem angesichts der Tatsache, dass die Autorin zu diesem Zeitpunkt, wie sie selbst ausführt, keinerlei Ahnung von Musikpädagogik hatte! Dabei übte sich die Band „weniger im Spielen von exakten Melodien und Takten, vielmehr in hervorragenden schauspielerischen Leistungen, im genauen Beobachten und Kopieren von Vorbildern, in der Auseinandersetzung mit Technik, Sprache und Schrift.“ (S. 26)

Roswitha Henneberg schreibt mir dazu: „Das Musizieren von selbst komponierten Stücken spielte für die Kinder immer die wichtigste Rolle. Sie wollten nie die Musik anderer Musiker kopieren, nur ihre Bewegungen und ihr Gehabe. Sie hatten eine eigene und für sie selbstverständliche Musiksprache entwickelt. Es war immer Geronimos Ziel, seine eigenen Stücke zu spielen, denn er wusste von Anfang an, dass man nur so wirklich berühmt werden konnte.“

Ich habe Roswitha gefragt, wie es weiter ging mit Geronimo: „Nach der Kindergarten- und Banderprobungszeit gab es noch viele Entwicklungsschritte, und ich glaube, Geronimo versucht noch heute, seine Ideen am Leben zu erhalten. Als er in die Schule kam und für ihn das Leben mit Cat Family zu Ende ging, hätte er dringend musikalische Unterstützung gebraucht, um seine guten Ideen auch weiterhin in die Tat umsetzen zu können. Allerdings konnte die ortsansässige Musikschule mit einem Kind, das E-Gitarre lernen und Rockmusik spielen wollte, leider nichts anfangen.“ Hätte man Geronimo in seiner Grundschule das musikalische Handwerkszeug vermitteln können, um seine Ideen weiter entwickeln zu können? Genauso wie für das Schreiben Freier Texte Anleitungen in der Schriftsprache notwendig sind, bedarf es für ein weiterführendes gemeinsames Musizieren einer Unterweisung in einer gemeinsamen Musiksprache, zunächst nicht unbedingt der Notenlehre, sondern z.B. einer Musiksprache, die sich aus dem Wesen der Instrumente selber ergibt.

Unsere Ideen dazu haben wir mittlerweile fast 400 Musiklehrer/innen aller Schulformen in unseren Fortbildungen vermittelt. Nachdem wir nun über 15 Jahre daran gearbeitet haben, diese auch zu veröffentlichen, ist es endlich so weit; neu erschienen sind:

Die Klassenmusiker. Musizieren mit Schülerinnen und Schülern ohne Vorkenntnisse.

(Die folgenden Bausteine, Infos und Seitenzahlen beziehen sich auf  diese Veröffentlichung, wo alles mit vielen Bildern erklärt wird sowie dies  mit Hilfe der Hörbeispiele auf der dazugehörigen CD auch  mithörend bzw. mitspielend  nachvollziehbar und erlernbar ist!)

Lieber Geronimo!

Du bist nun sieben Jahre, und wie ich höre, möchtest du gerne weiter daran arbeiten, Musiker zu werden. Unser Buch enthält viele kleine musikalische Bausteine, aus denen sich dann komplette Stücke zusammen setzen lassen. Damit kannst du zunächst einmal den „Einsteiger Rock“ nachspielen.

Hör ihn dir auf der „Klassenmusiker-CD“ (Hörbeispiel 3) an. Gefällt er dir? Mit Hilfe eines Erwachsenen könntest du mit einer neuen Band dieses Stück einüben. Später, mit ein bisschen Erfahrung, werden euch die Bausteine aus dem „Klassenmusiker“ auch bei eigenen Stücken helfen.

  • Beginnen wir mit dem Schlagzeug, mit Baustein 1: so nennen wir in den „Klassenmusikern“ die einzelnen Spieltechniken. Schau dir  auf dem Foto an, wie man die Bass-Drum mit dem rechten Fuß spielt; lass dir dazu auch Info 2 und 3 auf S. 16/17 vorlesen und hör dir das Hörbeispiel 11 auf der CD an.
  • Auf dem nächsten Foto siehst du wie die linke Hand die Snare Drum spielt (dazu Info 4): Spiele jetzt beide Instrumente im Wechsel – so wie du es auf der CD im Hörbeispiel 11 hörst – und sprich dazu: rechter Fuß – linke Hand.
  • Beim Baustein 2A (S. 22; Hörbeispiel 12) kommt noch die rechte Hand dazu, die das Becken anschlägt (Info 5). Sprich dazu: rechter Fuß  – beide Hände. Dieser Baustein reicht schon zur Begleitung des Einsteiger Rock aus. Am besten übst du jetzt noch zur CD. Das entsprechende Mitspielstück findest du als Hörbeispiel 4.
  • Inzwischen bist du ja schon bald acht Jahre, vielleicht schaffst  du auch noch Baustein 3: rechts beide – beide Hände?
  • Geronimo, jetzt müsst ihr noch einmal Geld besorgen, ihr braucht unbedingt noch einen E-Bass mit Verstärker, drei Kapodaster (siehe Info 19 und 27) und ein Stimmgerät. Wenn euch das nämlich jemand zeigt, könnt ihr damit leicht eure Gitarren selber stimmen (siehe Info 16 und 24).
  • Als nächstes lernt ihr auf dem E-Bass die Zupfen-Dämpfen Technik (Bass Bausteine 1 und 2). Dabei müssen die Töne mit der linken Hand nicht gegriffen werden, sondern es werden nur die leeren Saiten mit der rechten Hand angezupft und mit der linken Hand abgedämpft: Geronimo, du merkst, es ist gar nicht so schwer, denn du kennst diese rechts-links Bewegung schon aus dem Schlagzeugspiel.
  • Es war eine gute Idde von der Cat Family sich direkt zwei Gitarren anzuschaffen: Ihr müsst sie ebenso wie den E-Bass mit Hilfe des Stimmgerätes so stimmen wie im Klassenmusiker beschrieben. Dann könnt  ihr die leeren Saiten der Gitarren mit der rechten Hand anschlagen ohne mit der linken Hand greifen zu müssen. Nun werden die beiden Gitarren abwechselnd gespielt, so wie man es auf der CD hört.
  • Im Buch steht auch, wie man das Keyboard spielt. Am besten klebt ihr euch auf die entsprechenden Tasten farbige Punkte.
  • Wenn ihr noch weitere Mitspieler/innen findet, könnt ihr auch Bongos, Cowbell, Claves, Schüttelrohr und Schellenring dazu nehmen.
  • Singen könnt ihr natürlich unseren Text vom „Einsteiger-Rock“, aber wie ich dich kenne, hast du mehr Lust, einen eigenen Text zu schreiben.
  • Hört euch auch einmal „Einsteiger-Latin“, „Einsteiger-Country“, „Einsteiger-Barock“ und „Einsteiger-Blues“ an, vielleicht spielt ihr diese Stücke als nächstes, oder ihr erfindet mit den „Musik-Bausteinen“aus dem „Klassenmusiker“ eigene.

Geronimo, was du noch nicht merkst und noch nicht richtig verstehen kannst: Der Einsteiger Rock ist in F gesetzt, und zwar, damit auch Trompeten, Posaunen und Saxophone mitspielen können. Aber damit warten wir noch ein bisschen, vielleicht bis zum 3. oder 4. Schuljahr? Vielleicht ist dann auch schon der neue Band zum Klassenmusiker fertig, wo es um die Blasinstrumente gehen soll.

Lieber Geronimo, ich schicke Frau Henneberg das Buch und die CD „Die Klassenmusiker“, damit ihr schnell anfangen könnt. Viel Freude beim Musizieren!

Nachbemerkung

Den Kindern im Klassenverband das Musizieren geben, das begeistert mittlerweile immer mehr KollegInnen aller Schulformen!

Der Weg ist bereitet, man muss ihn den Kindern nur noch zeigen! Am besten allen und nicht nur denen, die von alleine danach fragen wie Geronimo; dies ganz im Sinne von Paul LeBohec, der mir einmal in Zusammenhang mit dem Klassenmusizieren sagte: „Also ich glaube, es ist nötig, dass man auf der einen Seite die Wünsche der Kinder respektiert, ihnen erlaubt, sich auszudrücken, sich zu entwickeln, sich zu verwirklichen, aber andererseits darf man unter keinen Umständen vernachlässigen, ihnen etwas zu zeigen, was ihnen gefallen kann. Etwas, das sie nicht wissen und das man selbst im Vorhinein für sie weiß! Welche Überheblichkeit? Nein, welche Weisheit, welche Verantwortung!“

Viel Erfolg auf solchen musikalischen Wegen wünscht
Gerd Haehnel